Schülerbeichte beim „Kopratar“
In einem kleinen Bändchen hat der tirolweit sehr bekannte Priester Meinrad Schumacher (1935-2022) „einiges Erlebte und Erfahrene zu Papier gebracht“, wie er selbst sagt. Von Feber 1961 bis September 1964 war er als Kooperator in Sölden. Auch aus dieser Zeit sind ihm einige Erlebnisse nachhaltig in Erinnerung geblieben:
„Mit einigem Schrecken denke ich etwa an die Kinderbeichte zurück, die in regelmäßigen Abständen stattfand. Der Vorgänger von Pfarrer Hairer war sehr lange in Sölden gewesen und hatte ein strenges Regiment geführt. Damit die Kinder ja keine Sünden auslassen, mussten sie folgendermaßen beichten:
Eachtens: nuicht
Zwoatens: nuicht
Drittens: nuicht
Viertens: nuicht gefolgt
… bis zum Schluss: Die 7 Hauptsünden. Diese Praxis konnten wir mit Geduld ändern.“
Um besser zu verstehen, wie es damals zugegangen ist, welche bestimmende Rolle die Kirche innehatte, unten der „Beichtspiegel“ für die schon etwas Älteren aus dem Jahre 1960, gedruckt von der Tyrolia in Innsbruck:
Auch 2011 noch, als Schumacher seine Memoiren verfasst hat, hängt ihm etwas anderes nach, worunter er in Sölden zu leiden hatte:
„Ein weiteres Problem war die ‚Schwesternherrschaft‘.
Zwei ältliche Barmherzige Schwestern wohnten im Obergeschoß des Schulhauses. Sie überwachten den täglichen Schulgottesdienst, verboten den Mädchen das Tragen von Schihosen und waren in der Durchsetzung von Disziplin nicht zimperlich.
Schwester Rogatia, genannt ‚Gaze‘, war Schulwartin und soll in dieser Eigenschaft sogar einmal dem Schuldirektor ‚gewatscht‘ haben. Sie hielt die Kirche in Ordnung und war sicher eine tüchtige Frau.
Es ist uns gelungen, die Schwesternmacht zurechtzustutzen.“

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