Die erlogene Legende vom Franz Senn wird bald 100 Jahre alt
Die Legende geht so: Franz Senn wollte die armen, armen Bauern in Vent aus ihrer tiefen, tiefen Armut erlösen.
Das ist erstunken und erlogen. Sie brauchten keine solche Hilfe, Senn selbst hat klarerweise auch mit keinem Wort je davon gesprochen, dass es darum gehen könnte, die Venter aus irgendeinem Elend zu befreien.
Erfunden hat die brutale Lügengeschichte von den armen Bauern der erste Senn-Biograf E. F. Hofmann in der Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (Jahrgang 1928). Und seitdem wird das Märchen weitererzählt in Büchern, unzähligen Zeitungsberichten und auch noch bis zu uns herauf nachgeplappert in Werbetexten und Internetartikeln.
Wie hat eine alte Venterin vor langer, langer Zeit so treffend gesagt: „De Bettlar kemen olle inhawarts.“
2012 habe ich mich für das Buch „Alpingeschichte kurz und bündig – Vent im Ötztal“ mit dem Mythos beschäftigt, wonach Franz Senn mit seinen alpinistischen Initiativen die Venter*innen aus bedrückender Armut befreit hätte. Es war nicht schwer das Gegenteil zu beweisen, ein wenig Recherche war halt dazu nötig. Im Dezember 2011 habe ich mit Martin Gstrein sogar noch einen Venter Zeitzeugen gefunden, der mir von seiner Großmutter und ihren Aussagen erzählte, wonach die Bettler „olle inhawarts kemmen“.
Ich habe dafür keine Belege gefunden, aber es kann davon ausgegangen werden, dass die Venter*innen von Senns Aktivitäten in den 1860er-Jahren nur mäßig begeistert waren.
Aber die Geschichte von der Erlösung der Venter*innen aus tiefer Armut hält sich hartnäckig. Im Podcast der Initiative Bergsteigerdörfer des Alpenvereins, der nicht zuletzt auf meiner Publikation basiert, wird das Märchen wieder und wieder erzählt.
Fake news also. Womit ein Beweis dafür erbracht ist, dass es zu deren Verbreitung nicht unbedingt Social Media braucht.